Beiträge zurück bei unwirksamen Ratenzahlungszuschlägen in Versicherungsverträgen?

Beiträge zurück bei unwirksamen Ratenzahlungszuschlägen in Versicherungsverträgen?Zu unserem Artikel „BGH sieht Ratenzahlungszuschlag bei Versicherungen als unwirksam an“ sind weitere Konkretisierungen der Rechtslage bei in Versicherungsverträgen vereinbarten Ratenzahlungszuschlägen für unterjährige Zahlungsweise veröffentlicht worden. Der nachstehende Artikel geht auf die möglichen Fallkonstellationen ein und bietet einen Ansatz, unter welchen Bedingungen gegebenenfalls zu viel bezahlte Versicherungsbeiträge von der Versicherungsgesellschaft zurück zu bekommen.

1. Ratenzahlungsvereinbarungen

Wer mit seinem Versicherungsunternehmen vereinbart hat, die (Jahres-)Prämie gegen Zuschlag monats- oder quartalsweise bzw. halbjährlich zu bezahlen, für den besteht möglicherweise die Aussicht, Geld von dem Versicherungsunternehmen zurück zu bekommen. Bislang war rechtlich umstritten, ob Ratenzahlungsvereinbarungen der Prämie in Versicherungsverträgen als Darlehensvertrag im Sinne von § 488 BGB zu klassifizieren sind. Das Landgericht Bamberg hat dies in einer Entscheidung vom 08.02.2006 (Az.: 2 O 764/04) so gesehen. Dieses Urteil ist durch ein „Anerkenntnisurteil“ des BGH vom 29.07.2009 (Az.: I ZR 22/07) rechtskräftig bestätigt worden.


Betroffen davon ist prinzipiell jeder Versicherungsvertrag, dessen (Jahres-)Prämien in Raten gezahlt wird und für den deshalb ein Teilzahlungszuschlag erhoben wird.

Die Entscheidung gilt nicht für sogenannte echte unterjährige Beitragszahlung, was bedeutet, dass von vornherein eine monatliche Beitragszahlung kalkuliert und vereinbart wurde.

Oft ergibt sich dies nicht eindeutig aus den Vertragsbedingungen. Der Versicherer sollte daher in jedem Fall aufgefordert werden darüber Auskunft zu erteilen, ob und in welcher Höhe ein Ratenzahlungszuschlag erhoben wird.

2. Rechtliche Folgen

Welche Folgen die Entscheidung hat ist umstritten.

a) Durch die Einordnung der Ratenzahlungsvereinbarung als Darlehensvertrag im Sinne von § 488 BGB folgt zunächst einmal, dass bezüglich der Vereinbarung einer entsprechenden Klausel mit einem Verbraucher die Bestimmungen des Verbraucherkreditrechts Anwendung finden, sofern die Nettodarlehenssumme einen Betrag in Höhe von 200,00 € übersteigt.

Hieraus folgt zunächst, dass der Kreditgeber, in diesem Fall das Versicherungsunternehmen, gem. § 492 Abs. I Nr. 5 BGB verpflichtet ist den effektiven Jahreszins anzugeben.

Da dies bei den bisher bekannten Versicherungsbedingungen nicht der Fall ist, kann der Versicherungskunde eine Anpassung des Zinses auf den gesetzlichen Zinssatz von 4 % p. a. fordern – und zwar über den gesamten Versicherungsverlauf rückwirkend. Das allein kann im Ergebnis schon einige hundert oder sogar tausend Euro ausmachen! Dies gilt allerdings nur für Verträge, die ab 1991 abgeschlossen wurden. Damals trat nämlich das Verbraucherkreditgesetz in Kraft, mit der Verpflichtung zur Angabe des Effektivzinssatzes.

b) „Ewiges“ Widerrufsrecht des Versicherungsnehmers

Die Verletzung der Formvorschriften führt zu einem Widerrufsrecht für den Kunden bezüglich des Versicherungsvertrages. Gem. § 495 BGB besteht für den Darlehensnehmer bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht. Dieses Widerrufsrecht kann grundsätzlich nur innerhalb von 2 Wochen gegenüber dem Darlehensgeber erklärt werden. Allerdings ist es für den Fristbeginn und Fristablauf zwingend notwendig, dass dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform zugegangen ist. Dies ist regelmäßig jedoch nicht der Fall, sodass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt und dieses Widerrufsrecht auch gem. § 355 Abs. III Satz 3 nicht erlischt. In der Konsequenz bedeutet dies, dass der Versicherungsnehmer ein „ewiges“ Widerrufsrecht bezüglich des gesamten Versicherungsvertrages hat.

Der Versicherungsnehmer hat dann einen Anspruch auf Rückzahlung der gesamten Prämien einschließlich der Risikokosten und der vom Versicherer gezogenen Summen, welche sich hinsichtlich des Gewinnanteils anhand der Eigenkapitalrendite der Versicherers bestimmt. Die Höhe der tatsächlich vom Versicherungsnehmer gezahlten Prämien und die vom Versicherer gezogenen Nutzungen sind allerdings vom Versicherungsnehmer zu beweisen. Demgegenüber hat der Versicherer im Gegenzug einen Anspruch auf Rückzahlung der Risikokosten und der vom Versicherungsnehmer gezogenen Nutzungen, welche allerdings wiederum vom Versicherer darzulegen und zu beweisen sind. Im Ergebnis führt dies wohl dazu, dass der Versicherungsnehmer einen Risikogewinnanteil, die Abschlusskosten und den Gewinn des Versicherers nebst Nutzungen heraus verlangen kann.

c) Hinsichtlich der oben angeführten Ansprüche besteht für den Versicherungsnehmer ein Auskunftsanspruch gegenüber dem Versicherer. Gerade hinsichtlich der Abschlusskosten, des Risikoanteils und des Gewinnanteils hat der Versicherungsnehmer im Normalfall keine Informationen vorliegen, sodass diesbezüglich die Versicherungsgesellschaft im Sinne der Rechtsprechung hinsichtlich des Umfanges von Bereicherungsansprüchen zur Auskunft verpflichtet ist.

d) Zu beachten ist noch, dass die Widerrufsmöglichkeit nur für Verträge gilt, die nach der Schuldrechtsreform (Vertragsbeginn ab 01.01.2002) geschlossen wurden. Zuvor galt eine absolute Widerrufsfrist von einem Jahr, gerechnet ab Vertragsschluss – gleich ob unkorrekt oder sogar gar nicht belehrt wurde.

3. Verjährung

Die Frage, wann diese Ansprüche verjähren ist umstritten. Grundsätzlich muss unterschieden werden, ob eine Anpassung an den gesetzlichen Zins angestrebt wird, oder ob darüber hinaus der gesamte Vertrag widerrufen werden soll. Bei Verträgen, die noch andauern, dürfte die Verjährung keine Rolle spielen.

Schwieriger könnte die Durchsetzung von Ansprüchen aus Verträgen sein, die bereits beendet wurden. Mit Beginn des neuen Versicherungsrechts zum 01.01.2008 wurde die Verjährungsfrist für sämtliche Versicherungszweige auf drei Jahre festgesetzt. Zwar gelten Übergangsfristen, dennoch wird es hier auf den Einzelfall ankommen. Eine höchstrichterliche Entscheidung steht zu diesem Thema aus.

Unklar ist darüber hinaus auch, ob ein Widerruf überhaupt noch erklärt werden kann, wenn der Vertrag bereits vollständig abgewickelt ist.

Auf jeden Fall sollte der Versicherungsnehmer seine Forderungen anmelden und gegebenenfalls das Versicherungsunternehmen auffordern auf die Einrede der Verjährung zu verzichten.

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