So funktioniert der Tarifwechsel nach § 204 (VVG) in der PKV

PKV intelligent upgradenDer Paragraf 204 (VVG) sagt zusammenfassend aus, dass die Versicherten das gesetzlich verbriefte Recht haben, innerhalb der Gesellschaft in alle gleichartigen Tarife* unter Mitnahme ihrer vollen Alterungsrückstellung zu wechseln. Bietet der Zieltarif jedoch Mehrleistungen als der bestehende Tarif, so kann der Versicherer für diese eine erneute Gesundheitsprüfung und ggf. einen Risikozuschlag verlangen. Verzichtet der Versicherte auf diese Mehrleistung, bleibt er diesbezüglich auf dem jetzigen Tarif-Niveau. Der Versicherer muss dem Kunden neben dem Standard- oder Basistarif mindestens einen wirklichen Alternativvorschlag unterbreiten. Nach § 6, Abs. 2 VVGInfoV, können es sogar bis zu zehn sein.


Eine direkte Anfrage an den Versicherer garantiert nicht, dass man den jeweils auf Basis des derzeitigen Schutzes günstigsten Tarif erhält. Der Versicherer verliert schließlich bares Geld. Es gilt also, für eine tragfähige Entscheidungsgrundlage vorher gezielt beim Versicherer folgendes nachzufragen:

• Wie hoch ist die derzeitige anrechenbare Alterungsrückstellung in der KKV und PV § (12 Abs. 1 Nr. 5 VAG)?
• Ist der aktuell bestehende Tarif noch verkaufsoffen?

Wie findet man den passenden Wechseltarif nach § 204 VVG?

In der Regel hat jeder Verbraucher zwei Optionen um den jeweils für sich passenden Tarif zu finden:

1.) Den Versicherer selbst direkt anschreiben und erfragen, in welche Tarife ein Wechsel möglich ist, welche Mehr- bzw. Minderleistungen damit verbunden sind und wie hoch der neue Tarifbeitrag unter 100prozentiger Anrechnung der Alterungsrückstellung ist

oder

2.) mit einem Versicherungsvermittler, Makler oder Versicherungsberater gezielt die möglichen neuen Zieltarife beim jetzigen Versicherer auf Basis von aktuellen, individuellen Wünschen und Bedürfnissen herausfiltern und dann für diesen herausgefilterten Tarif gezielt beim Versicherer ein Umstellungsangebot einholen.

Vergleichsprogramme oder Internetportale – Fluch oder Segen?

Eine klare Antwort auf diese Frage ist nicht möglich. Der Makler braucht nicht unbedingt ein Vergleichsprogramm, mit dem er einen „alten“ Tarif untersuchen und einen „neuen“ Tarif nach den Kriterien des § 204 finden kann. Es macht die Umstellung aber für ihn und den Kunden kostengünstiger, da es derzeit über 9.400 für den Neuzugang geschlossene Tarife gibt, in denen Personen versichert sind. Hat der Makler auf diese Tarife- und Tarifdruckstücke Zugriff, spart er sich viel Zeit. Und Zeit ist Geld. Der Makler muss die Mehr- und Minderleistungen (alter Tarif, neuer Tarif) dem Inhalt nach selektieren, erkennen und inhaltlich bewerten können. Der Versicherte wiederum braucht Klartext, um die Werthaltigkeit der Leistungsaussage wahrnehmen zu können. Wichtig in diesem Zusammenhang: Immer nach der Formel VW (Von was wie viel) und immer in Euro rechnen!

Computerauswertungen die nur JA / Nein-Listen, grüne oder rote Haken für Leistung – egal wie viel von was oder nur Gesamtratings ausgeben können, sind weniger geeignet und hilfreich, denn jede Leistungsaussage muss von Hand auf ihre Werthaltigkeit, für einen maklergerechten Rat hin, untersucht werden.

Internetportale sind eher auf den Neuabschluss ausgerichtet. Verbraucher wissen i. d. R. nicht ob die hinterlegten Versicherungsgesellschaften und Tarife den vollständigen Markt abbilden, ob eine gezielte Produktförderung für bestimmte Versicherer betrieben wird oder ob das Portal nur als Adressquelle dient, um die Anfrage, sprich die in die Abfragemasken eingegebenen Daten, als so genannte Leads an „Vermittler weiterzuverkaufen.

PKV vor 2009 gekauft – das Recht auf den Standardtarif nicht verlieren!
Vor 2009 die PKV gekauft und auf Empfehlung eines Verkäufers bereits das Unternehmen, also den Stall von A nach B gewechselt? Dann gilt es zu handeln. Was ist zu tun? Beratungsprotokoll prüfen. Denn wurde nicht auf den Verlust des „Rettungsankers“, nämlich die Wechselmöglichkeit in den Standardtarif im Rentenalter – unter Anrechnung der vollen bisher erworbenen Alterungsrückstellung – hingewiesen, liegt möglicherweise ein schadenersatzpflichtiger Beratungsfehler vor.

Die Bezahlmodelle beim Tarifwechsel

Derzeit werden zwei Modelle praktiziert. Die einen nehmen einen bestimmten Prozentsatz aus der Beitragseinsparung im ersten Jahr nach der Tarifumstellung. Sie wollen damit beweisen, dass sie ein Eigeninteresse daran haben, eine möglichst hohe Einsparung zu erzielen. Denn dann fällt ja das Wechselhonorar für den Berater höher aus. Ein Beispiel: Beitrag heute 700 Euro monatlich, Beitrag nach Umstellung 400 Euro monatlich. Ersparnis 300 Euro monatlich bzw. 3.600 Euro im Jahr. Die Umstellungskosten betragen z.B.: 50 Prozent, d. h. 1.800 Euro + MwSt. Nachteil kann (muss aber nicht) sein, dass der neue Zieltarif zwar günstiger, aber nach Ihren Wünschen und Bedürfnissen nicht passend ist. Und im nächsten Jahr passt die Ersparnis nicht mehr. Die Amortisation kann länger dauern.

Die anderen rechnen den Zeitaufwand nach Stunden ab. Eine Tarifumstellung kann schnell einen Arbeitsaufwand von 8, 12, 16 und mehr Arbeitsstunden, verteilt auf mehrere Tage, je nach Versicherer und Tarif auslösen. Die meiste Arbeit davon sehen Kunden nicht. Das ist harte und echte Fleißarbeit im Büro, die vom Berater für seine Kunden erbracht wird.

Wichtig zu wissen: Beratung gegen Honorar und Produktverkauf – sprich Antragsaufnahme zum Abschluss – dürfen heute noch nicht bei jeder Person im direkten Zusammenhang erfolgen. Diese Regelung ist nicht mehr zeitgemäß. Warum soll ein Produktverkauf nicht die logische Konsequenz einer nachweislichen bedarfsgerechten Beratung gegen Honorar sein. Folgerichtig stünde dann auch eine eventuelle Provision ganz oder teilweise zur Verrechnung an.

Wer billig kauft, zahlt (meistens) drauf!

Kunden die auf Werbeslogans wie z. B. „Ist Ihre Krankenversicherung auch zu teuer?“ reagieren, werden oft Opfer von unseriösen – vermeintlich objektiven – „Beratern“ mit ihren zum Teil dubiosen Vertriebsmethoden. Einmal in die Billigfalle getappt oder gar bewusst für eine Billiglösung entschieden? Dann ist eine Tarifreparatur nach § 204 empfehlenswert, auch wenn der monatliche Beitrag ggf. vor Steuern (vor Anrechnung des BEG = Bürgerentlastungsgesetzes) höher ausfällt. Auch wenn ggf. ein Honorar zu investieren ist. Auf lange Sicht rächt sich diese kurzfristige Momentbetrachtung einer monetären Billigentscheidung knüppelhart – je nach Fall sogar bis zum finanziellen Ruin. Fakt ist: Ein Billig-Beitrag ist nur möglich, wenn an den Leistungen gespart wird oder anders gesagt: Je billiger der Beitrag, desto weniger an Leistung ist im Tarif enthalten. Werbetechnisch heißt es gerne: 100 Prozent Arzneimittel! Und im Kleingedruckten, verteilt auf mehrere Papiere und Seiten, steht dann z. B. nur für Generika, wenn vom Hausarzt verordnet, in der von uns benannten Apotheke bezogen, mit einem SB von 10 Euro je Arzneimittel, ansonsten 60%. Der Schock für den Versicherten ist vorprogrammiert.

Verkäufer, die so beraten bzw. Tarife wie 100 Prozent PKV, 100 Prozent Leistung, 100 Prozent Privatpatient für nur 59.- Euro pro-aktiv empfehlen, gehören zu den schwarzen oder grauen Schafen der Zunft, sind aber leider keine Seltenheit. Meistens fehlt hier neben dem Beratungsprotokoll, die Einhaltung der Beratungspflichten gemäß der VVGInfoV. Ein Rat kann dann nur lauten: Von einem qualifizierten Makler oder Versicherungsberater eine Prüfung vornehmen zu lassen. Lieber eine eventuell kostenpflichtige Makler-Zweitmeinung einholen. Dieser finanzielle Mehraufwand steht oft in keinem Verhältnis zum langfristigen finanziellen Schaden einer Fehlentscheidung. Denn: Es ist immer das Geld des Verbrauchers / Versicherten, das zur Disposition steht.

Branche ist gefordert

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Mit einem qualifizierten Berater vor der Antragsunterschrift und Entscheidung für einen Tarif u. a. folgende Punkte klären (langfristige Betrachtung wichtig!):

• Wirklicher Bedarf (Wünsche und Bedürfnisse)
• Welche Leistung wird gekauft (z. B. nur Absicherung von existentiellen Risiken)
• Beitragsentwicklung (in meinem Tarif, in meiner Altersgruppe – nicht im Durchschnitt)
• Nettoverzinsung (Performance des Versicherers in den letzten 3, 5 Jahren)
• Gesellschaftsform des Versicherers (AG oder Versicherungsverein a.G.)
• Höhe der Alterungsrückstellungen (Zuführungsquote sollte 40 Prozent nicht unterschreiten)
• Tarifoptionen (Wechselrechte inhouse in andere Tarife)
• Umwandlungsrecht (in GKV-Zusatz unter Anrechnung der Alterungsrückstellung)

So erhält man ein auf lange Sicht tragfähiges, günstiges Produkt. Der Reparaturbedarf bleibt erfahrungsgemäß eher gering.

Tarifwechsel nach § 204 kann sich lohnen, braucht aber sachkundigen Rat, eine Portion Hartnäckigkeit und Durchhalte- bzw. Durchsetzungsvermögen, denn nicht jeder Versicherer ist gleich willig oder darauf eingestellt. Der Tarifwechsel nach § 204 spart auf Sicht, je nach Fall und Ursprungstarif, nicht selten 50, 100, 150 oder 300 Euro Beitrag im Monat. Eine 45-jährige Person kann so schnell bis ins hohe Rentenalter mehrere 10.000 Euro an Tarifbeitrag einsparen. Verglichen mit dem Honorareinsatz für eine qualifizierte Beratung ist das ein Vielfaches an Gewinn. Auf der anderen Seite sollte und muss die Branche generell auch über ein neues Bezahlsystem nachdenken. Das derzeitige Modell hinkt den modernen Anforderungen nach dem neuen VVG und der Vermittlerrichtlinie noch meilenweit hinterher!

Zusatzinformation:

* Gleichartigkeit bezieht sich auf die Tarifart als solches, also Ambulant / Ambulant, Gleichwertigkeit bezieht sich auf den Tarifinhalt, also ambulant SB 500 oder SB 1000. Nur die Gleichartigkeit ist Voraussetzung nach § 204, nicht die Gleichwertigkeit!

Beispiel:

a) Bisher Ambulant SB 500 Euro, künftig SB 1.000 Euro, d. h. Sie wollen künftig vom Versicherer weniger Leistung. Sie zahlen nicht mehr bis 500 Euro für 100% Leistung selbst, sondern bis 1.000 Euro. Der Versicherer muss erst später ab 1.000 Euro - anstatt wie bisher ab 500 Euro - Leistungen erbringen. Tarifwechsel erfolgt ohne Gesundheitsprüfung und ohne Risikozuschlag.

b) Bisher Ambulant SB 500 Euro, künftig SB 0 Euro, d. h. Sie wollen künftig vom Versicherer mehr Leistung. Der Versicherer soll sofort und nicht erst nach 500 SB zahlen. Der Versicherer kann eine Gesundheitsprüfung anordnen und ggf. einen Risikozuschlag verlangen. Sind Sie mit dem Vorschlag des Versicherer nicht einverstanden, können Sie auf diese Mehrleistung verzichten und im neuen Tarif beim SB 500 wie bisher bleiben.

Sie wechseln also ambulant zu ambulant (entspricht gleichartig) und innerhalb von ambulant wechseln Sie die SB –Stufe, diese muss nicht gleichwertig zu vorher sein.

Quelle: Brokerchannel /  KVpro.de GmbH

Ronny Richert  / pixelio.de


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