Was ist ZÜRS und welche Bedeutung hat ZÜRS für den Versicherungsnehmer?
Die Abkürzung ZÜRS steht für Zonierungssystem für Überschwemmung, Hochwasser und Rückstau. Es ist ein webbasiertes Geoinformationssystem und wurde vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) zur Einschätzung von Naturgefahren entwickelt. Das System ermöglicht es, Standorte deutschlandweit hinsichtlich ihrer Hochwasser- und Umweltgefährdung risikogerecht zu bewerten.
Bewohner von hochwassergefährdeten Gebieten konnten ihre Gebäude lange Zeit wegen der hohen Wahrscheinlichkeit eines Hochwassers nur schwer oder gar nicht gegen Hochwasserschäden versichern. Erst im Jahre 1996 beschlossen die deutschen Versicherer, ein Modell zu entwickeln, das die Überschwemmungsdaten aufzeichnet, um so eine Basis für die Kalkulation einer Elementarschadenversicherung mit Hochwasserschutz zu finden. Dieses System, dass unter der Federführung des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft entwickelt wurde, ist ZÜRS.
Das System wird immer weiter ausgebaut. Bei Inbetriebnahme waren über 10 Millionen Daten von Gebäuden und Daten von über 100 Ämtern der Wasserwirtschaftverwaltung für über 400.000 km Fließgewässer und 356.000 km² Einzugsgebietsflächen von Donau/ Rhein/ Ems/ Weser/ Elbe/ Oder/ Ost- und Nordsee verarbeitet.
Die Gefährdungsklassen
Für die Elementarschadenversicherung wurde aufgrund der Anzahl der gezählten Überschwemmungen durch Hochwasser innerhalb einer bestimmten Anzahl von Jahren die Überschwemmungsrisiken für das gesamte Bundesgebiet in 4 Gefährdungsklassen eingeteilt.
- Gefährdungsklasse 1:
Ein Hochwasser tritt seltener als einmal alle 200 Jahre ein - Gefährdungsklasse 2:
Ein Hochwasser tritt 1 mal in 50-200 Jahren ein - Gefährdungsklasse 3:
Ein Hochwasser tritt 1 mal in 10-50 Jahren ein - Gefährdungsklasse 4:
Ein Hochwasser tritt 1 mal in 10 Jahren ein.
In der Gefährdungsklasse 2 befinden sich etwa 10 bis 12 Prozent aller Gebäude, in der Gefährdungsklasse 3 und 4 zusammen etwa 3 Prozent der Gebäude. Das bedeutet, dass für annähernd 85 Prozent aller Gebäude die Gefährdungsklasse 1 maßgeblich ist..
Was bedeutet ZÜRS für die Elementarschadenversicherung?
Im Rahmen der Elementarschadenversicherung ist es erst seit 1994 grundsätzlich möglich, sich gegen Überschwemmungen zu versichern. Für besonders gefährdete Gebiete ist ein Versicherungsschutz nach wie vor nicht oder nur mit hoher Selbstbeteiligung möglich. Grund war die nicht kalkulierbare Wahrscheinlichkeit eines Hochwassers. Aufgrund der durch ZÜRS gewonnen Daten konnte diese versicherungstechnische Lücke geschlossen werden. Heute ist eine risikogerechte Kalkulation für alle Gebiete möglich.
Neben der deutlichen Erhöhung der Versicherbarkeit gefährdeter Grundstücke und Gebäude wurde auch der Versicherungsschutz im Rahmen der erweiterten Elementarschadenversicherung angepasst und ergänzt. Damit wurde eine nahezu (bis auf die hochgefährdeten Gebiete mit jährlichem Hochwasser) flächendeckende Versicherbarkeit, ein erweiterter und verbesserter Versicherungsschutz und eine risikogerechte Annahmepolitik für stark gefährdete Gebiete ermöglicht.
Beitragsgestaltung nach ZÜRS
Viele Versicherungsgesellschaften haben aufgrund der Daten von ZÜRS eigene Systeme entwickelt, um die Kosten einer Elementarschadenversicherung für die einzelnen Gebäude risikogerecht kalkulieren zu können und um über die jeweilige Versicherbarkeit hinsichtlich der Überschwemmungsgefährdung zu entscheiden.
In welcher Gefährdungsklasse sich Ihr Gebäude befindet und ob bzw. zu welchen Konditionen es versicherbar ist, können Sie bei Ihren Versicherungsgesellschaften erfahren.
Bezüglich der Beitragsgestaltung gibt es zwei Varianten. In der ersten Variante wird mit einem Selbstbehalt gearbeitet, der um die 2% der Versicherungssumme liegt, begrenzt auf ein Limit von 10.000 – 20.000 €.
In der zweiten Variante können sich die Versicherungsnehmer für den Ausschluss des Risikos Hochwasser/Überschwemmung, verbunden mit einem Beitragssatznachlass, entscheiden.
Erweiterung von ZÜRS auf Umwelthaftungsrisiken
Aktuell erweitert wurde ZÜRS um einen Haftpflichtbaustein. Seit Ende 2007 ist das Umweltschadensgesetz in Kraft. Mit dem Umweltschadensgesetz sind völlig neue öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zur Vermeidung und Sanierung von Schäden an der Umwelt selbst entstanden. Neu ist dabei insbesondere die Haftung für Biodiversitätsschäden, die Schädigung besonders geschützter natürlicher Lebensräume (z. B. FFH- und Vogelschutzgebiete) sowie besonders geschützter Tier- und Pflanzenarten durch jede Form der beruflichen Tätigkeit.
Hieraus resultiert die Notwendigkeit der Versicherungswirtschaft, das bestehende Versicherungsangebot zu erweitern und die nötigen Grundlagen hierfür zu schaffen. Insbesondere vor dem Hintergrund der neuen öffentlichen-rechtlichen Haftung für Schäden an der Biodiversität, an Gewässern und Böden besteht die Notwendigkeit, das Umgebungsrisiko besser bzw. möglichst genau und umfassend einschätzen zu können. Mit dem neuen Haftpflichtbaustein kann im Umwelthaftpflichtbereich das Umgebungsrisiko eines Standortes im Hinblick z. B. auf Gebiete geschützter Arten (FFH-Gebiete) und weiterer Schutzgebiete abgefragt werden. Geographische Flächen- und Entfernungsanalysen erlauben eine zuverlässige Zonierung des Umgebungsrisikos.
Die Risiken im Sinne des Umweltschadensgesetzes sind vielfältig: Rund 5.000 Schutzgebiete erstrecken sich auf mehr als 14 Prozent der Fläche der Bundesrepublik Deutschland. Dazu gehören beispielsweise das Niedersächsische Wattenmeer, Moorwälder und Hochmoore, Dünen, Auenwälder und andere. Viele Tier- und Pflanzenarten sind darüber hinaus geschützt. Maßgeblich für die Einteilung in Risiko- bzw. Abstandsklassen ist zum einen die Entfernung eines Standortes zu einem Risikogebiet und zum anderen die Art des Schutzgebietes. Beispielsweise werden Wasserschutzgebiete anders bewertet als Landschaftsschutzgebiete.
Quelle für Erweiterung von ZÜRS auf Umwelthaftungsrisiken: GDV